Unser Globetrotter Manuel war drei Monate auf einem Trip rund um die Welt um Storys aus China, Korea, Kambodscha, Singapur, Brasilien, Kanada und den USA einzufangen. Hier bloggt er über seine Erfahrungen. Weiter geht’s in Kambodscha!
Als ich am winzigen Flughafen in Siem Reap, Kambodscha, aussteige, wird mir warm ums Herz. Die warme, schwüle Luft erinnert mich an meine erste Thailand-Erfahrung. Als ich damals in Bangkok aus dem Flieger gestiegen bin, benötigte ich einige Zeit um mich an daran zu gewöhnen, nicht mehr nur Sauerstoff sondern nun auch Wasser einzuatmen. Inzwischen ein tolles Gefühl. Auch schön, dass ich meine fette Winterjacke und die Stiefel in meinen Rucksack stopfen kann.
Mr. T., mein Tuk-Tuk-Fahrer winkt mir schon von Weitem mit einem Manuel-Namensschild am Flughafenausgang zu. Es dürfte ihm nicht schwergefallen sein, sofort zu erraten, wer von den 100 Passagieren „Manuel“ ist. Bin ich doch neben einem älteren Hochschul-Professor aus den USA der Einzige, der nicht chinesisch ausschaut.
Mr. T. arbeitet für mein Guesthouse und holt immer wieder Leute gratis vom Flughafen ab. Die Chance, die sich für einen Tuk-Tuk-Fahrer dadurch bietet, ist groß. Wenn er einen Kunden für eine 2-oder sogar 3-Tagestour durch die atemberaubenden Tempelanlagen um Angkor Wat gewinnt, macht er verhältnismäßig sehr gutes Geld. Mr. T. ist keiner von den typischen, etwas überschwänglichen und teilweise aufdringlichen Tuk-Tuk-Fahrern, mit denen ich bisher in Südostasien Erfahrung gemacht habe. Er ist mir von Anfang sympathisch, ist sehr zuvorkommend und lächelt viel. Und doch ist eine gewisse Traurigkeit in seinen Augen. Vielleicht verwechsel ich es aber auch mit Müdigkeit.
Mr. T. erzählt mir, dass er noch einen 2. Job hat. Wenn er um 18:00 sein Tuk-Tuk abstellt, kann er für ein paar Stunden schlafen, bevor er um 23:00 in einem 5-Sterne-Hotel seine Arbeit als Techniker beginnt. Um 8:00 in der Früh ist sein Technikerjob vorbei, um 8.30 beginnt sein Job als Fahrer.
Siem Reap selbst ist wenig spektakulär. Es gibt einen dreckigen Fluss und jede Menge Stolperfallen. Man muss schon immer vorausschauen und den Blick nach unten wenden, wenn man nicht über einen herumliegenden Bordstein stolpern oder in ein tiefes, dunkles Loch mitten im Gehsteig fallen möchte.
Wenige Stunden nachdem ich meine Gegend etwas erkundet und leckeres kambodschanisches „Amok“ gegessen habe, fahre ich mit einem anderen Tuk-Tuk-Fahrer zum Flughafen, um meine Freundin Eri abzuholen. Ich freue mich sie nach über 6 Wochen wieder zu sehen und finde es doch gleichzeitig ungewohnt aus meiner Alleine-Reise für ein paar Tage eine Paar-Reise zu machen.
Wir sind beide totmüde und gehen bald schlafen. Am nächsten Tag heißt es nämlich schon um 4:30 aufstehen, um den Sonnenaufgang in Ankor Wat zu sehen. Unser Tuk-Tuk-Fahrer (nicht Mr. T., der muss um diese Uhrzeit im Hotel arbeiten) wirft uns nach einer 15-minütigen Fahrt in der Dunkelheit ab. Ganz dunkel ist es dann auch nicht. Jede Menge Touristen wuseln sich eine Steintreppe nach oben und Einheimische leuchten mit Taschenlampen herum, um diese für ein paar Dollar an die Stolpernden zu verkaufen. Wir folgen dem Strom in die noch tiefere Dunkelheit und können langsam ausmachen, dass wir tatsächlich über einen antiken Steinboden durch Tempel-Tore wandern. Eine riesige Masse an Menschen hat sich um eine Seite eines kleinen Sees versammelt, der in der Tempelanlage zu finden ist. Wir stellen uns an die Seite, wo noch kaum jemand steht, um Fotos zu schießen. Schon nach kürzester Zeit sind auch wir umgeben von anderen Touristen, die auch Fotos machen wollen und dann natürlich auch in mein Bild reinspazieren. Irgendwann stehen so viele Leute um den Teich, dass man den Sonnenuntergang nicht mehr genießen kann. Wir packen unsere Sachen und gehen. Wir setzen uns in den gegenüberliegenden Garten und sind dort wesentlich ungestörter.
Nach dem Sonnenaufgang besichtigen wir für 2 Stunden die beeindruckende Tempelanlage.
Angkor Wat wurde im 12. Jahrhundert errichtet und war das Zentrum des Khmer-Reichs. Über 1.000 Tempel sollen in der gesamten Angkor-Region gefunden worden sein. Wir nehmen die „kleine Tour“ und besuchen nur 8.
Mr. T. wird für die kommenden 2 Tage unser Fahrer. Am zweiten Tag kann ich ihn davon überzeugen, mir ein Interview für whatchado zu geben. Er erzählt mir von seinem Job, seiner Familie und von den Schwierigkeiten, die sein Arbeitsleben mit sich bringt. Bei der Frage nach der Einschränkung muss ich das Wort „problem“ statt „limitiation“ verwenden, damit er mich versteht. Damit dürfte ich einen wunden Punkt getroffen haben, denn als er anfängt über die Frage nachzudenken, fängt er an zu stocken und kämpft mit den Tränen. „Everyday I am so tired. I work so my son and daughter can go to school and later to university. It’s difficult but I am happy.“ Sein Bruder und seine Schwester gehen beide auf die Universität. Er arbeitet, damit sie studieren können. Nachdem sie fertig sind, in 2 Jahren, wird er seinen Job als Techniker kündigen. Bis dahin müsse er aber noch Geld für die gesamte Familie verdienen.
Die Story von Mr. T. führt mir wieder einmal vor Augen, dass das Leben für die Leute in ärmeren, aber touristischen Ländern nicht immer ein Spaß ist, auch wenn sie lächeln, viele kämpfen dort jeden Tag darum, ihre Familien durchzubringen. Man kann sowas leicht vergessen, wenn man Urlaub macht und nur an sein Vergnügen denkt. Wer nach Kambodscha fährt und einen sympathischen Tuk-Tuk-Fahrer braucht, kann ihn ja über Facebook kontaktieren. Seine whatchado-Story findet ihr hier.
Hier ein paar Eindrücke vom 2. Tag – wir gehen u.a. zum Tempel, wo Tomb Raider gedreht wurde.
Am 3. Tag fahren wir mit Mr. T. an den wohl am weitest entfernten Tempel, Berg Mealea. Dieser Tempel ist besonders unter japanischen, aber auch chinesischen Touristen beliebt, da ein bekannter Gibli-Animationsfilm den Tempel als Vorlage für die Szenerie im Film verwendet haben dürfte – so hab‘ ich das zumindest verstanden. Tatsächlich treffen wir dort auf Japaner, die Szenen des Films nachahmen.
Der Tempel ist für Leute wie mich, also Leute, die als Kind immer gern herumgeklettert sind und alte, verlassene Häuser erforscht haben, wie gemacht.
Die Fahrt dorthin ist übrigens ein Erlebnis, das mir genauso in Erinnerung bleiben wird wie die Tempel selbst. Nachdem wir die Hauptstraße nach 20 Minuten im Tuk-Tuk verlassen und auf dieser Strecke mehrere LKWs wild hupend an uns vorbeirasen und uns beinahe von der Straße drängen, hält Mr.T. an einem kleinen Stand und kauft zwei Atemschutzmasken. „You should put them on.“ Ich denke zurück an das versmogte Bejing und wie viel verdreckte Luft ich die letzen Wochen schon eingeatmet habe und gebe meinen letzten Widerstand auf, jemals so eine Maske aufzusetzen. Kann es jetzt schlimmer kommen als in Bejing? Ja. Kann es.
Wir fahren für die nächste Stunde nur über staubige Feldwege, durch den Dschungel, über Sand, an riesigen Feldern vorbei, über Schlaglöcher, wir begegnen sogar kleinen Wirbelstürmen, die sich über die Straße schlängeln und noch mehr Staub und Müll in die Luft werfen. Wir fahren an den Behausungen der Land-und Waldbevölkerung vorbei, die oft nur aus mit Palmenblättern bedeckten Bambus-Gestellen bestehen. An jeder Ecke winken uns freundliche Kinder zu, wenn wir vorbeifahren und rufen laut „Hello!“ oder „Bye!“, je nachdem welches Wort sie gelernt haben.
Am Ende unserer Tour schauen wir uns noch die Krokodilfarm an. Dort stinkt es entsetzlich und man kann gleich nebenan Krokodillederhandtaschen kaufen.
Am allerletzten Tag probieren wir das erste Mal Froschschenkel und Eri zieht sich bei der Gelegenheit gleich eine Magenverstimmung zu. Und am Abend heißt es auch schon wieder Sachen packen und zum Flughafen. Wieder zwei Abschiede. Mr.T bedankt sich bei uns und verlässt uns am Flughafen-Eingang. Dann verabschiede ich mich von Eri, deren Flug eine Stunde später geht. Es heißt wieder nach vorne schauen. In Kürze treffe ich meine liebe Gastfamilie aus Vietnam nach über 2 Jahren wieder. Eri kehrt zurück nach Japan.
Nächster Halt: Vietnam & Singapur