Die Welt der Küchenmesser ist schier grenzenlos und nahezu unerschöpflich. So kommt es zumindest einem Laien vor, denn für jedes Nahrungsmittel, so scheint es, wurde ein eigenes Messer entwickelt: Optimierung in Perfektion? So manch einer würde wohl mit einem kleinen Allzweckmesser alles scheiden, was auf den Küchentisch kommt. Die Hipster unter uns allerdings werden sich jedes erdenkliche Messer kaufen und neben dem Petersilienmesser noch welche für Koriander, Tomaten und Mohrrüben haben. Genutzt wird dann aber meist doch nur eines. Trotzdem ist es faszinierend zu sehen, wie nahrungsmittelgerecht unterschiedlichste Messer entwickelt wurden. Echte Profis setzen diese entsprechend ein und erzielen stets die besten Ergebnisse.
Nun stellen Sie sich einmal vor, ein Hipster wie ich, kauft sich ein 6er Set Messer. Zu Hause angekommen, wird begonnen die Messer auf ein großes Schneidebrett zu schrauben. Immer mit dem Messerrücken nach unten, sodass mich die Schneide ansieht. Es wird Abend und mein erstes Mahl soll mit den neuen Tools vorbereitet werden. Ich nehme eine Tomate in die Hand und führe diese zum Tomatenmesser. Ja, richtig – dieses ist am Brett festgeschraubt und ich führe die Tomate mit beiden Händen über die Schneide, sodass diese sich in zwei Hälften teilt. Anschließend werden die Hälften in Viertel überführt und so weiter. Die Zwiebeln kosten etwas mehr Zeit, doch gegen Mitternacht sind die Vorbereitungen endlich fertig und das Kochen kann beginnen. Leider hängt mir mein Magen schon in den Knien.
Nun Gemüse ist geduldig und Sie beim Lesen des Artikels bis hierhin auch. Warum erzähle ich Ihnen diese Metapher? Das Küchenmesser-Phänomen tritt in der Küche seltener auf als im Social Recruiting. Die Messer auf ein Schneidebrett zu schrauben, auf diese Idee würden sicherlich nur die wenigsten kommen. Warum auch, werden Sie sagen, sollte jemand so ein bewegliches und handliches Tool wie ein Messer absichtlich demobilisieren. Trotzdem und das ist gerade das merkwürdige an diesem Phänomen: Selbst wenn es in der Küche selten bis gar nicht vorkommt, erleben wir es tagtäglich im Bereich der Personalgewinnung.
2017 ist meiner Meinung nach das Jahr der Tools. Selten waren so viele verschiedene Tools am Markt, die man für die unterschiedlichen Zielgruppen einsetzen kann. Angefangen mit unterschiedlichsten „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“- Tools geht es weiter über Bewerbungstools, Social Tools bis hin zu maßgeschneiderten Tools für einzelne Ereignisse. Gerade im HR Tech Bereich scheinen monatlich neue Start-ups aus dem Boden zu schießen. Die Messervielfalt, die wir aus der Küche kennen, wurde uns im Bereich Talent Acquisition erst mit dem Bewusstsein des Social Recruitings gebracht.
Nun weiß ich aus eigener Erfahrung, wie das mit so einem Tool laufen kann. Eine Plattform, ein Start-up gerät in den engeren Fokus eines Unternehmens. Der schnelle Einkaufsprozess von nur neun Monaten ermöglicht kaum Vorbereitungszeit und schwups ist das Tool da. Die nötigsten Dinge werden erledigt, um das Tool zum Laufen zu bringen. Seien es Texte für eine Unternehmensseite auf einer Plattform oder aber auch Schnittstellenanbindungen an das eigene Bewerbermanagementsystem. Wie gesagt, das Notwendigste wird vollbracht und dann kommt es, wie es kommen muss, häufig fehlen dann die Ressourcen, um eine dauerhafte Bespielung, Einbindung oder aber auch Entwicklung des Tools zu gewährleisten.
Unbewusst schrauben Unternehmen teilweise unfassbar gute Tools auf ihren eigenen Konzernrichtlinien fest und bemühen sich intensiv die Bewerber durch die starren Gebilde zu treiben. Kommt Ihnen das bekannt vor? Das Küchenmesser-Phänomen. Andere Tools werden vor den eigenen Prozessen liegen gelassen und man hofft einfach, dass die Tools ganz von alleine (an dieser Stelle würde ich ganz kurz, wenn ich könnte, das Lied “Von allein – Culcha Candela” einspielen) Bewerber liefern und diese, wie von Zauberhand in das Bewerbermanagementsystem über gehen.
Das, was an vielen Stellen fehlt ist die Einbettung und das Mindset für die Aktivierung von Tools. Sie können Ihr ganzes Unternehmen mit Tools pflastern, wenn Sie diese nicht integrieren und in Ihre aktiven Recruitingprozesse einbauen, werden die Tools nicht sonderlich gut performen.
Meine Empfehlung ist daher drei wichtige Dinge zu beachten:
- Kann das Tool der Wahl Ihren Gesamtprozess boosten? D. h. bringt es Ihnen im Gesamtprozess einen Mehrwert.
- Antworten, wie Sie wüssten das jetzt noch nicht, sind nicht gestattet. Sie können sich vielleicht nicht sicher sein, ob der Boost eintreten wird, dennoch sollten Sie vor Einkauf eines Tools sich überlegt haben, an welcher Stelle Ihrer Strategie das Tool Ihnen einen Mehrwert bietet und wie dieser Mehrwert auf Ihr Gesamtziel einzahlt (häufig heißt dieses: Stellenbesetzung).
- Kennen Sie die notwendigen Ressourcen für die Einführung und den Betrieb?
- Mir ist noch kein Tool begegnet, dass keinen Betriebsaufwand produziert. Das bedeutet, dass ich mein zwei Köpfe starkes Team nicht mit beliebig vielen Tools ausstatten kann. Zunächst mögen die ersten Tools, die Arbeit effizienter gestalten, aber irgendwann wird es kippen, und Ihre Rekrutier können vor lauter Tools nicht mehr arbeiten.
- Wenn ein Tool nicht zu Ihren Prozessen passt, ist nicht unbedingt das Tool untauglich. Vielleicht sind auch einfach Ihre Prozesse mangelhaft.
- Sie haben sich für ein Tool entschieden und stellen fest, es passt vorn und hinten nicht zu der Art, wie Sie arbeiten. Grundsätzlich halten Sie die Idee des Tools aber für unglaublich gut und pfiffig. Spätestens an dieser Stelle sollten Sie vielleicht auch mal Ihre Prozesse hinterfragen.
Als Abspann zu diesem etwas anderen Artikel sollte erwähnt werden, dass Social Recruiting natürlich nicht nur aus Tool Management besteht. Es ist ein weites Feld, welches zunehmend mehr von Fach-Know-How lebt – in jeder Hinsicht. Ganz gleich, ob es Employer Branding, Personalmarketing oder aber direkt schon die konkrete Personalauswahl ist, der Bereich Social Recruiting hat heute eine Komplexität erreicht, die Experten verlangt.
Falls Sie vorhaben sich intensiv mit dem Thema Social Recruiting zu befassen, dann finden Sie hier alle Informationen zu meinem exklusiven 3-tägigen Workshop vom 29. November bis 1. Dezember 2017 in Wien. Ich freue mich auf Ihr Kommen!